Peritonealdialyse - Vertrautes Dialysesystem reist mit
Horst Reile ist dialysepflichtig. Seine Verwandtschaft in den USA hat der 72-Jährige dennoch schon zweimal besucht. Erst im Frühjahr reisten er und seine Ehefrau Edith wieder nach Durham im Osten des Landes. Alles was der Rentner für die Dialyse braucht, hatte er entweder im Gepäck dabei oder fand es bei seiner Ankunft bereits am Reiseziel vor. Da er sich für die Peritonealdialyse als Nierenersatztherapie entschieden hat, dialysiert er sich selbst zu Hause oder unterwegs und ist so von einer regelmäßigen Behandlung in einem Dialysezentrum unabhängig. So war er auch in Amerika flexibel und konnte sich mit seiner Tochter, dem Schwiegersohn und den Enkelkindern eine schöne Zeit machen. Für viele Dialysepatienten ist es ein Stück Lebensqualität, in der Ferne Freunde und Verwandte zu besuchen, Abwechslung vom Alltag zu finden und etwas Neues zu erleben. Das bestätigen gemeinnützige und private Organisationen, Ärzte und Pflegepersonal gleichermaßen. Ein Blick in ein Internet-Forum, in dem sich Dialysepatienten zu den für sie relevanten Fragen austauschen, zeigt ebenfalls: "Urlaub / Reisen" ist das am zweithäufigsten diskutierte Thema, nach "Transplantation" und deutlich vor "Einzelne Dialyseverfahren", "Ernährung", "Partnerschaft", "Kinder" und "Persönliches". Dialysepatienten können meist ihrer Reiselust frönen – vorausgesetzt, dass ihr gesundheitlicher Zustand es erlaubt. Deshalb steht ganz am Anfang jeder Reiseplanung das Gespräch mit dem behandelnden Arzt. Der von ihm ausgestellte Arztbrief mit allen Angaben zu Patient und Dialyse ist ferner für die medizinische Betreuung am Urlaubsort ein Muss.
Grundsätzlich sollten Dialysepatienten ihre Reise deutlich früher als Gesunde und wesentlich sorgfältiger vorbereiten. Das betrifft vor allem die Wahl des Reiseziels. Patienten, die die Hämodialyse (HD) anwenden, reisen nach Auskunft des KfH Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V. meist innerhalb Deutschlands, vorrangig zwischen Frühling und Herbst. Im dichten Netz der Dialysezentren hierzulande finden die meist über 60-jährigen HD-Patienten in der Regel kurzfristig einen Dialyseplatz – manchmal allerdings zu anderen Zeiten als in ihrem heimischen Zentrum. Weitere begehrte Reiseziele sind Spanien und Italien. Zu den Dialysezentren, die nicht in Westeuropa liegen, sollten HD-Patienten in Abstimmung mit ihrem Heimatzentrum mehrere Wochen vor Reiseantritt Kontakt aufnehmen – nicht immer ist ein Platz am Urlaubsziel ihrer Träume zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt verfügbar. Von Reisen in Länder mit einem hohen Infektionsrisiko oder mangelhaften hygienischen Bedingungen ist Dialysepatienten grundsätzlich abzuraten.
Bei der Wahl des Urlaubsziels sind Patienten mit Peritonealdialyse (PD) deutlich freier, weil sie nicht auf die mehrmals wöchentliche Behandlung in einem nahen Dialysezentrum angewiesen sind. Diese Freiheit nutzen PD-Patienten gerne aus. Zwar wird die Hitliste ihrer Reiseziele ebenfalls von Deutschland angeführt, gefolgt von Spanien und weiteren westeuropäischen Ländern, aber Reisen nach Osteuropa und in einige asiatische Länder werden bei PD-Patienten immer populärer. Reiseanbieter und -organisatoren stellt dies vor große Herausforderungen, denn: In diesen Ländern ticken die Uhren oft anders. Wer an seinem Urlaubsort das gewohnte Dialysegerät und -material verwenden will, sollte für Reisen in Westeuropa mehr als vier, in fernere Länder mindestens zwölf Wochen vor dem Kofferpacken seinen Arzt und sein betreuendes Zentrum informieren. Letzteres regelt dann alles Nötige mit dem Lieferanten des Dialysematerials bzw. dessen Reiseservice (z. B. Travelservice der Firma Baxter). Patienten, die ein PD-Heimdialysegerät verwenden, nehmen dieses in der Regel selbst mit. Die PD-Lösungen werden direkt an die Urlaubsadresse geliefert. Das weitere Zubehör und eine 3-Tages-Ausstattung reisen im Urlaubsgepäck mit. So sorgen auch in der Ferne die bewährten PD-Systeme für einen entspannten Urlaub.
Bei medizinischen Fragen zur Dialyse sollten sich sowohl PD- als auch HD-Patienten an ihr Zentrum im Heimatland wenden. Die dortigen Ärzte und das Pflegepersonal kennen die Daten ihrer Patienten am besten und können somit gezielt weiterhelfen. Patienten, die auf der Warteliste für eine Transplantation stehen, sollten nicht so weit verreisen. Für sie gelten ferner folgende Hinweise: die Urlaubsanschrift und -telefonnummer beim Transplantations- und beim Heimatdialysezentrum hinterlassen und im Urlaub so erreichbar sein, dass eine eventuelle Rückreise kurzfristig möglich ist. Für diese Situation oder auch bei gesundheitlichen Problemen empfehlen verschiedene Organisationen eine Mitgliedschaft in der Deutschen Rettungsflugwacht e.V., die einen Rücktransport im Notfall übernimmt.
Die Kosten für die Dialyse während eines Urlaubs in Deutschland erstattet in der Regel die Krankenkasse. Bei Auslandsaufenthalten sollten Dialysepatienten vor der Reiseplanung mit ihrem Kostenträger klären, für welche Leistungen er aufkommt. Eine gute Vorbereitung ist somit das A und O, wenn Dialysepatienten verreisen wollen. Dann haben sie die besten Aussichten, die schönste Zeit des Jahres richtig zu genießen. Horst Reile hatte so die Möglichkeit, seine Verwandtschaft in der Ferne zu besuchen. Die kommt im nächsten Jahr wieder einmal nach Deutschland. "Wir sind aber reiselustig wie zuvor", sagt er. Demnächst heißt es schon wieder Koffer packen – samt seiner PD-Ausstattung geht es an die Mosel.
Bei der Hämodialyse (HD) wird der Patient in der Regel dreimal pro Woche an eine Dialysemaschine angeschlossen. Über ein Schlauchsystem wird dem Körper Blut entzogen und ihm nach Reinigung in einem externen Filter – der "künstlichen Niere" – wieder zugeführt. Die vier- bis sechsstündige Behandlung findet meist in Dialysezentren statt, in seltenen Fällen zu Hause.
Die Peritonealdialyse (PD) bietet sich für eine Behandlung in den eigenen vier Wänden oder auch unterwegs an. Hierbei dient das Bauchfell (Peritoneum), eine rund 2m2 große dünne Haut, die von einem dichten Geflecht von Blutkapillaren durchzogen ist, als Filter. Frische Dialyse-Lösung fließt hierzu über einen ständigen Katheter in die Bauchhöhle. Sie nimmt im Bauchfell Schadstoffe und überschüssige Flüssigkeit auf und transportiert sie nach einigen Stunden Verweilzeit über den Katheter aus dem Körper heraus in einen Auffangbeutel. Bei der Automatisierten PD (APD) wird dieser Vorgang durch ein Dialysegerät, den Cycler, durchgeführt – in der Regel während der Nacht.