Reizdarm-Syndrom (Reizkolon, Colon irritabile)
Ein Reizdarm ist nicht bösartig oder ansteckend und führt auch nicht zu einer Krebserkrankung. Obwohl die Erkrankung oft Monate oder Jahre dauert und das Allgemeinbefinden stark beeinträchtigt, ist die Lebenserwartung nicht eingeschränkt.
Gestört ist vor allem der Transport der Nahrung im Dickdarm (Kolon). Es kann allerdings der gesamte Verdauungstrakt, also auch Dünndarm und Magen, betroffen sein. Sehr viele Menschen leiden an einem Reizdarm. Einige haben ständig Beschwerden, bei den meisten treten sie nur gelegentlich und in besonderen Situationen auf. Ein Reizdarm-Syndrom tritt typischerweise zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr erstmals in Erscheinung. In Deutschland erkrankt jeder Fünfte in der Bevölkerung (sogar jeder zweite aller Patienten mit Magen-Darmbeschwerden). Frauen sind zwei- bis dreimal so häufig betroffen wie Männer.
Man geht davon aus, dass ein großer Teil der Reizdarm-Beschwerden durch eine Beweglichkeitsstörung (Motilitätsstörung) der Muskulatur des Darms bedingt ist. Die gestörte Reizübertragung im Darm wird durch bestimmte Substanzen gesteuert und beeinflusst.
Die einzelnen Reizdarm-Beschwerden sind wenig charakteristisch, in ihrer Gesamtheit jedoch nahezu typisch für das Krankheitsbild. Im Vordergrund stehen ein ständiger Wechsel von Bauchschmerzen und Bauchkrämpfen, Stuhlunregelmäßigkeiten, Blähungen sowie das Gefühl, dass der Bauch stark überbläht und gespannt ist. Die Schmerzen können an verschiedenen Stellen im Bauch auftreten und sind meist schlecht zu lokalisieren. Die Stuhlentleerung selbst ist oft schmerzhaft und viele Betroffene haben das Gefühl, dass ihr Darm nach dem Stuhlgang nicht vollständig entleert ist. Oft bessern sich die Bauchschmerzen aber auch nach dem Stuhlgang. Verstopfung und Durchfall treten im Wechsel auf, häufig finden sich Schleimbeimengungen im Stuhl. Neben diesen Darmbeschwerden können sog. extraintestinale (außerhalb des Darms befindliche) Symptome wie Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Müdigkeit, Schlafstörungen, Angststörungen und Depressionen, Störungen beim Wasserlassen, Menstruations- oder Herzbeschwerden auftreten – alles ohne erklärbare körperliche Ursache. Nachts sind die meisten Betroffenen beschwerdefrei. Die Beschwerden sind nicht lebensbedrohlich, sie beeinträchtigen in der Regel jedoch erheblich die Lebensqualität.
Der Arzt macht sich zunächst durch ein ausführliches Gespräch (Anamnese) und gründliche körperliche Untersuchung ein Bild über die Beschwerden. Typisch für das Reizdarm-Syndrom ist ein schon langer Krankheitsverlauf, denn die meisten Betroffenen suchen erst sehr spät und oft nach einem langen Leidensweg ärztliche Hilfe auf. Um andere Erkrankungen (z. B. einen bösartigen Darmtumor oder eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung) als Ursache der Beschwerden auszuschließen, können weitere Untersuchungen sinnvoll sein. So wird Blut abgenommen (Bestimmung des Blutbilds, der Entzündungszeichen, der Leber- und Nierenwerte u.v.m.), Urin und Stuhl werden untersucht. Ggf. werden außerdem eine Ultraschalluntersuchung des Bauchs, eine Darm- und/oder Magenspiegelung, Röntgenuntersuchungen, Tests auf Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten und andere Untersuchungen durchgeführt. Es ist hilfreich, als Betroffener ein Tagebuch über Zeitpunkt, Dauer und Intensität der Beschwerden zu führen.
Da die genaue Ursache des Reizdarmsyndroms noch nicht bekannt ist, zielt die Behandlung insbesondere auf die Linderung der verschiedenen Symptome ab. Die Behandlung umfasst Diätetische Empfehlungen, Medikamente und psychotherapeutische Behandlung. Ob und welche Medikamente gegeben werden hängt ganz vom führenden Beschwerdebild des Patienten ab. Eine dauerhafte Heilung ist derzeit nicht möglich, jedoch arbeitet die pharmazeutische Industrie mit Nachdruck daran, neue Wirkstoffe zu finden, um die Reizdarm-Beschwerden zu lindern, sowie um das Reizdarm-Syndrom ursächlich zu heilen.