Fachleute sehen Potenzial für PD in Deutschland
Fachleute sehen Potenzial für PD in Deutschland
Symposium für Nephrologen: Aufgeklärte Patienten wählen eher die Peritoneal-Dialyse
Wie können die Betreuung und Behandlung von Dialyse-Patienten weiter verbessert werden? Antworten lieferte eine Vortragsveranstaltung im Rahmen des Nephrologen-Kongresses 2004 in Basel – und zwar aus drei unterschiedlichen Blickwinkeln: dem der Krankenkassen, der Kliniken und der niedergelassenen Nierenfachärzte. Die drei Referenten waren sich einig: Die Peritoneal-Dialyse (PD) birgt große Potenziale, wenn es um Fortschritte in der Versorgung und Behandlung von Dialyse-Patienten geht; diese können sich aber nur entfalten, wenn Patienten und Ärzte mehr als bisher über die PD informiert werden und stärker kooperieren.
Die Krankenkassen unterstützen das Ziel einer besseren Aufklärung, wie der Vortrag von Dr. Manfred Partsch vom AOK-Bundesverband deutlich machte. Rund 2,5 Milliarden Euro tragen sie jedes Jahr zur Finanzierung von Dialysebehandlungen bei.
Doch es geht nicht nur um diese Geldspritze. Der Bundesmantelvertrag aus dem Jahr 2002 hat das Ziel, die Qualität der Versorgung der Patienten zu sichern. „Der Arzt muss demnach eine bedarfsgerechte Versorgung gewährleisten. Das beinhaltet, dass er alle Verfahren anbietet“, erläuterte Dr. Partsch den Vertragstext. Das schließt neben der in Deutschland deutlich häufiger angewandten Hämo-Dialyse (HD) auch die Peritoneal-Dialyse (PD) mit ein, selbst wenn diese bislang nur in 300 der bundesweit mehr als 1.000 Dialyse-Zentren angeboten wird. Gegebenenfalls müssen hier Kooperationen mit benachbarten Zentren die Versorgungslücken schließen, machte der Referent deutlich.
Der aufgeklärte Patient ist das Ziel
Grundsätzlich genießen die Heimdialyseverfahren laut Bundesmantelvertrag Vorrang: „In der Zentrums-Dialyse dürfen nur Patienten behandelt werden, die aufgrund ihres Krankheitsbildes dieser Dialyseform bedürfen“, heißt es dort. Der Referent ließ keinen Zweifel: Maßgeblich für die Wahl des Verfahrens sei der Patient: seine Situation, seine Bereitschaft und seine Schulung.
Die Vorträge und die anschließenden Diskussionen verdeutlichten: Wie so oft klaffen Wunsch – in diesem Fall die PD stärker zu berücksichtigen – und Wirklichkeit noch weit auseinander. Das zeigte ein Blick in die Statistik: Von 1995 bis 2002 stieg die Zahl der Dialyse-Patienten in Deutschland von mehr als 41.000 auf knapp 57.000. Für diesen Zeitraum pendelte sich der Anteil der PD-Patienten auf rund 5 Prozent ein. Mit diesem Prozentsatz bildet Deutschland im internationalen Vergleich das Schlusslicht.
Vorteile von PD stärker bekannt machen
Wie lässt sich diese Situation ändern? Dieser Frage ging Professor Dr. Werner Riegel vom Klinikum Darmstadt nach. Zunächst nannte er einige wesentliche Vorteile der PD gegenüber der HD, die besser bekannt werden müssen: der längere Erhalt der Nierenrestfunktion, die Möglichkeit, die PD in den eigenen vier Wänden durchzuführen, schließlich ihre positive Wirkung innerhalb der integrierten Dialyse-Konzepte, bei denen verschiedene Verfahren kombiniert werden. Dem Patienten bietet die PD eine größere Unabhängigkeit von Dialyse-Zentren, erlaubt ihm eine größere Trinkmenge sowie freiere Diät und trägt somit meist zu einem besseren Ernährungszustand und Knochenerhalt bei.
Dass dennoch der Anteil der PD-Patienten bei lediglich 5 Prozent liegt, begründete Prof. Riegel unter anderem mit dem bisher unzureichenden Informationsstand bei Patienten und Ärzten. Er verwies auf die Ergebnisse einer Umfrage bei Nierenfachärzten: Zwei Drittel von ihnen bejahten die Frage „Haben Sie den Eindruck, dass sich Patienten, die sich aktiv (…) über ihre Krankheit informieren, eher zur PD tendieren als die anderen, die das nicht tun?“ Ein noch größerer Anteil (75 Prozent) der befragten Nephrologen konnte sich sogar vorstellen, dass die PD in Deutschland künftig einen Anteil von 20 bis 30 Prozent an den Dialyse-Behandlungen ausmachen könnte. Diesen Trend bestätigt eine andere Umfrage: 640 chronisch Nierenkranke wurden dabei im Rahmen der „Fit für Dialyse“-Seminare über die verschiedenen Dialyse-Verfahren umfassend informiert. 50 von ihnen, also knapp 20 Prozent, entschieden sich danach für die PD.
Kliniken und niedergelassene Ärzte als Partner
Information und Schulung nannte Riegel als entscheidende Faktoren, den realen Anteil der PD in Deutschland zu erhöhen. Eine wichtige Rolle kommt dabei den Kliniken zu, so der Referent. Am Beispiel der Medizinischen Klinik III des Klinikums Darmstadt machte er deutlich, wie die Kliniken zu einem größeren und besseren Angebot der PD beitragen können: indem sie als Kooperationszentren wirken und – wie das Darmstädter Modell – eine Schnittstelle zwischen allen Beteiligten bilden: zwischen den Fachabteilungen der Kliniken, den niedergelassenen Ärzten und den Patienten. In den Kliniken werden die Katheter gelegt und die Patienten geschult. Die weitere Behandlung übernimmt der betreuende niedergelassene Nephrologe.
Wie wichtig die Kooperation mit einer in der Peritoneal-Dialyse kompetenten Klinik für einen höheren Stellenwert dieses Dialyseverfahrens ist, unterstrich der Vortrag aus der Sicht eines niedergelassenen Nierenfacharztes. Privat-Dozent Dr. Michael Koch vom Nephrologischen Zentrum Mettmann nannte die Zusammenarbeit mit Kliniken, Chirurgen und in der PD erfahrenen Ärzten und Schwestern als wesentliche Voraussetzung für die erfolgreiche Arbeit des Zentrums auf dem Gebiet der PD. 6 der insgesamt 27 PD-Patienten wechselten seit März 2000 auf eigenen Wunsch von der HD auf die PD. Keiner der PD-Patienten wechselte hingegen zur HD.
Anhand konkreter Bespiele widerlegte der Referent in seinem weiteren Vortrag einige Vorurteile gegenüber der PD: ein 81-jähriger PD-Patient bestätigt, dass dieses Verfahren auch bei älteren Patienten angewendet werden kann. Ein anderer PD-Patient lebt mehrere Monate des Jahres in seinem Wohnwagen auf einem Campingplatz, was zeigt, dass PD auch in begrenztem Wohnraum möglich ist. „Keiner unserer Patienten brach die PD ab, vieles ist möglich und die meisten Komplikationen sind beherrschbar“, fasste Dr. Koch zusammen. Und auch er nannte als Ziel einer besseren Aufklärung von Patienten und Ärzten: einen Anteil der PD an den Dialyse-Verfahren von bis zu 20 Prozent.
Dialyse-Verfahren
Hämo-Dialyse (HD): Dabei wird der Patient in der Regel drei Mal pro Woche an eine Dialyse-Maschine angeschlossen. Über ein Schlauchsystem wird dem Körper Blut entzogen und ihm nach Reinigung in einem externen Filter – der „künstlichen Niere“ – wieder zugeführt. Die vier- bis sechsstündige Behandlung findet meist in Dialyse-Zentren statt, in seltenen Fällen zu Hause.
Peritoneal-Dialyse (PD): Sie bietet sich für eine Behandlung in den eigenen vier Wänden oder auch unterwegs an. Hierbei dient das Bauchfell (Peritoneum), ein dichtes, insgesamt rund 2 m2 großes Geflecht von Blutkapillaren, als Filter. Frische Dialyse-Lösung fließt hierzu über einen ständigen Katheter in die Bauchhöhle. Sie nimmt im Bauchfell Schadstoffe und überschüssige Flüssigkeit auf und transportiert sie nach einigen Stunden Verweilzeit über den Katheter aus dem Körper heraus in einen Auffangbeutel. Der Patient kann die PD selbst durchführen.