Eibenwirkstoff Paclitaxel hilft bei Lungenkrebs
Experten sind der Meinung, dass in etwa 80% der Fälle das Rauchen von Zigaretten der Auslöser ist. Jährlich treten in Deutschland etwa 45.000 Neuerkrankungen auf, wobei das "nicht-kleinzellige Bronchialkarzinom" (NSCLC = Non Small Cell Lung Cancer) diagnostiziert wird. Diese Karzinomform wächst vergleichsweise langsam und bildet erst spät Tochtergeschwülste. Allerdings spricht diese Karzinomform weniger gut auf die bisher übliche Chemotherapie und Bestrahlung an. Deshalb wurden bis vor kurzem Patienten mit einem noch operablen NSCLC operiert und nur solche Patienten bestrahlt, deren Tumor nicht mehr zu operieren war.
Hatte ein NSCLC erst einmal Tochtergeschwülste (Metastasen) gebildet, lagen die Ansprechraten für die bisherige Chemotherapie nur selten höher als 20%. Allerdings hat sich die Vorgehensweise in der Behandlung gewandelt, seit mit dem aus der Rinde der pazifischen Eibe gewonnenen Wirkstoff Paclitaxel eine Substanz zur Verfügung steht, die auch an Lungenkrebs erkrankten Patienten zu einer realistischen Behandlungschance verhilft.
In mehreren wissenschaftlichen Studien ließen sich bei alleiniger Verwendung des einstigen Pflanzenwirkstoffs Rückbildungsraten von bis zu 40 % erzielen. Wird Paclitaxel zusätzlich mit dem Chemotherapeutikum Cisplatin kombiniert, ergeben sich Tumorrückbildungen von bis zu 56 % , bei der Wirkstoffkombination Paclitaxel/Carboplatin wurden sogar 63 % Rückbildungen erzielt.
Ursprünglich wurde der Wirkstoff zunächst bei Frauen zur Behandlung von bösartigen Eierstock- und Brustgeschwülsten eingesetzt. Erst seit ein paar Jahren hat Paclitaxel auch Einzug bei der Behandlung des Bronchialkarzinoms gehalten.
Was ist eigentlich Paclitaxel?
Der Wirkstoff Paclitaxel wird aus der Stammpflanze der Eibe gewonnen. Die Eibe hat ihre hauptsächliche Verbreitung im Nordosten der USA (Oregon und Washington, daneben auch küstennahe Gebiete und Gebirge Kaliforniens, Idahos und Montanas sowie in Alaska). Es ist ein bis zu 8 Meter hoher, dürrer Baum mit spärlichen, schlaff herabhängenden Zweigen, verdrehtem Stamm und einer konischen Krone. Paclitaxel wirkt zytostatisch und wird aus der Baumrinde oder neuerdings teilweise synthetisch gewonnen.
Die typische Dosierung beträgt 175 Milligramm pro Quadratmeter Körperoberfläche, der Wirkstoff wird über drei Stunden direkt in die Venen verabreicht. Zwischen den einzelnen Therapiezyklen muss eine dreiwöchige Pause eingelegt werden. Als Nebenwirkungen können unter anderem Haarausfall, Knochenmarksunterdrückung sowie eine Reduzierung der weißen Blutkörperchen auftreten.
Studien belegen den Nutzen der Chemotherapie bei Patienten mit fortgeschrittenem Bronchialkarzinom
Der Krebsexperte Dr. Martin Wolf der Universität Marburg erklärte auf einer Fachtagung, dass eben diese NSCLC bisher weniger gut auf die übliche Chemotherapie und Bestrahlung ansprachen. Bis vor kurzem wurden daher Patienten mit einem noch operierbaren NSCLC operiert und nur solche mit einem nichtoperablen Tumor bestrahlt. Seit der Wirkstoff Paclitaxel zur Verfügung steht, haben auch die an einem fortgeschrittenen Lungenkrebs erkrankten Patienten einer realistische Behandlungschance. Dr. Wolf betonte weiterhin, dass mehrere Studien deutliche Vorteile gezeigt haben, wenn die Chemotherapie unter Einschluss von Paclitaxel zusätzlich zur Bestrahlung angewandt wird. Das ist besonders bei gleichzeitig eingesetzter Chemotherapie und Bestrahlung zu merken. Wird ein bisheriges Chemotherapeutikum mit Paclitaxel kombiniert, kann ein deutlicher Überlebensvorteil gegenüber anderen Therapievarianten erzielt werden.
Der Amerikaner Dr. Desmond N. Carney empfahl auf der gleichen Fachtagung die Verwendung von Paclitaxel als so genannten "Sensitizer". Sensitizer sind bestimmte Medikamente, die dem Patienten vor einer Tumor-Bestrahlung gegeben werden, um den Tumor für die Strahlen empfindlicher und angreifbarer zu machen.
Anlässlich der 36. Jahrestagung der Americal Society of Clinical Oncology – äußerte die Studienleiterin Professor Dr. Joan H. Schiller von der University of Wisconsin (Madison) Medical School – wurde bereits im Jahre 2000 eine Verbesserung der Überlebensraten von Patienten mit fortgeschrittenem nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom beschrieben. So stieg die Überlebensrate im Vergleich zu 1995 ein Jahr nach Behandlungsende um 10 bis 15 Prozentpunkte an.
Auf der gleichen Veranstaltung gab Dr. Robert L. Cormis, Vorsitzender der Eastern Cooperative Oncology Group (ECOG), zu bedenken, das "nur 25 Prozent aller Patienten mit nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom in der Vergangenheit eine Chemotherapie erhalten haben, obwohl Daten belegen, dass mit einer Chemotherapie ihr Leben verlängert wird". Er beschrieb vier unterschiedliche Chemotherapiekombinationen, die bei der Behandlung des Lungenkrebs eingesetzt werden. Bezüglich der Überlebenszeit waren alle Kombinationen gleich effektiv, jedoch zeigte sich, dass die Kombination Paclitaxel plus Carboplatin zusätzlich am besten verträglich war. Dr. Cormis weiterhin: "Und die Aufrechterhaltung der Lebensqualität bei Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung ist eines der obersten Ziele." Besonders die für den Patienten extrem unangenehme Übelkeit oder das Erbrechen waren bei der Verwendung von Paclitaxel in Verbindung mit Carboplatin deutlich seltener.
Dieser Fortschritt in der Chemotherapie ist umso wichtiger, da in den USA im Jahr 2000 mehr Männer und Frauen an einem Bronchialkarzinom starben als an Brust-, Prostata- und Darmkrebs zusammen! Durch den Einsatz von Paclitaxel wurde eine längere Überlebenszeit bei besserer Lebensqualität geschaffen.