Tollwut
Tollwut - Eine weltweit verbreitete Seuche
Eine der am längsten bekannten, vom Tier auf den Menschen übertragbaren Infektionskrankheiten ist vor knapp einem Jahr tragischer Weise durch den Tod von 3 Patienten, die sich über eine Organtransplantation mit dem Virus infiziert hatten, ins Licht der Öffentlichkeit zurückgekehrt.
Um die fast immer tödlich verlaufende Erkrankung, ausgelöst durch das Tollwutvirus (Rabiesvirus) aus der Gattung der Lyssaviren und der Familie der Rhabdoviridae, rankten sich seit der Antike Mythen und Legenden. So machte man im antiken Griechenland den Gott Lykaon und im Mittelalter den Teufel persönlich für die Verbreitung der Tollwut verantwortlich. Auch der Mythos des Werwolfes ist vermutlich auf die Tollwut zurückzuführen.
Prinzipiell sind alle warmblütigen Tiere für Tollwutinfektionen empfänglich, jedoch bestehen große tierartliche Unterschiede. Die Hauptüberträger sind Fleischfresser, in unseren Breiten vor allem Fuchs, Dachs und Waschbär. Doch auch ungeimpfte Hund und Katzen können das Virus übertragen.
Die Übertragung erfolgt fast immer über den Speichel infizierter Tiere, der über Bisswunden oder andere Verletzungen in den Körper gelangt. Zunächst vermehrt sich das Virus dort etwa 24 Stunden lokal in der Muskulatur. Anschließend dringt das Virus in Nervenzellen ein und wandert entlang der Nerven mit einer Geschwindigkeit von bis zu 7 cm pro Tag in Richtung Rückenmark oder Gehirn. Nur in sehr seltenen Einzelfällen gelangt das Virus auch über die Blutbahn zum Gehirn.
Anhand dieser speziellen Virus-Wanderung erklärt sich, warum der Zeitraum von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung je nach Lokalisation der Kontakt- oder Bissstelle sehr stark variieren kann. So sind Inkubationszeiten von 14 Tagen bis zu 12 Monaten (!) beschrieben.
Hat das Virus das Gehirn erreicht, erfolgt dort eine sehr rasche Virusvermehrung und anschließend eine Ausbreitung des Virus via Nervenzellen auf alle Organe des Körpers, vor allem aber in die Speicheldrüsen.
Die klassische Tollwut (so genannte rasende Wut) verläuft in 3 Phasen:
Das Prodromalstadium ist gekennzeichnet durch Wesensveränderungen in Form von Unruhe, übersteigerter Anhänglichkeit oder Ängstlichkeit. Auch Halluzinationen können auftreten.
Das Exzitationsstadium, das sich durch Aggressivität, Speichelfluss, Unruhe und Beißwut auszeichnet, hat zum in der Bevölkerung weit verbreiteten Bild der Tollwut geführt.
Im Paralysestadium kommt es schließlich zu Lähmungen, vor allem der Kehlkopf- und Augenmuskulatur, bevor schließlich der Tod eintritt.
Abweichend von der klassischen Verlaufsform kommt es jedoch immer wieder auch zu atypischen Verläufen, der so genannten stillen Wut, bei der Anzeichen wie vermehrtem Speichelfluss oder Aggressionen völlig fehlen. Gerade diese atypischen Verläufe erschweren häufig eine frühzeitige Diagnose.
Während bei Menschen bei Verdacht einer möglichen Infektion eine Notimpfung durchgeführt wird, ist in Deutschland die Behandlung tollwutverdächtiger Tiere strikt verboten. Wird bei einem ungeimpften Tier der Verdacht einer Infektion gestellt, so entscheidet der zuständige Amtstierarzt, ob das Tier sofort getötet oder aber unter Quarantäne gestellt wird.
Die einzige Möglichkeit, unsere Haustiere (und somit auch deren Besitzer) vor der Tollwut zu schützen, besteht in einer jährlichen prophylaktischen Impfung aller gefährdeten Tiere (also aller Katzen mit zeitweisem oder dauerhaftem Freigang sowie aller Hunde). Die Impfung kann jeder niedergelassene Tierarzt durchführen.
© Christian Bank (Tierarzt)
Kleintierpraxis Dr. Lewitschek