Entstehung des Lungenkrebs
Allerdings können auch bestimmte Umwelteinflüsse, wie zum Beispiel Dieselöle, möglicherweise Lungenkrebs auslösen. Doch sind nicht nur diese so genannten "äußeren Einflüsse" allein für die Auslösung einer Krebserkrankung verantwortlich. Oft spielen auch bestimmte Veranlagungen eine Rolle. Beispielsweise wenn der Körper anfällig für die Wirkung schädigender Einflüsse ist oder wenn er am Erbgut der Zelle entstandene Schäden nicht mehr ausreichend zu reparieren vermag. Auch das Immunsystem, das für die Erkennung und Beseitigung körperfremder und abnormer oder entarteter Elemente zuständig ist, spielt eine Rolle bei der Entstehung und dem Verlauf von Krebserkrankungen. Ist die Abwehr gestört, können Krebszellen ungehinderter wachsen.
Lungenkrebs, auch Bronchial- oder Lungenkarzinom genannt, gehört trotz Aufklärung auch heutzutage noch zu den häufigsten bösartigen Erkrankungen. In Deutschland starben 1997 44.000 männliche und 9.800 weibliche Patienten am Bronchialkarzinom. Die Prognose des Lungenkrebs ist nach wie vor schlecht. In einer vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Untersuchung in den Räumen Halle und Essen konnten Fünfjahresüberlebenszeiten von 10 – 15 % ermittelt werden. Dabei schwankten die Überlebenszeiten von 50 % wenn der Krebs frühzeitig erkannt wurde bis hin zu 0 %, wenn bereits Tochtergeschwülste (Metastasen) zu finden waren. Durch veränderte Rauchgewohnheiten wird der Anteil der Frauen aber in Zukunft zunehmen. Der Lungenkrebs ist bei Männern die häufigste bösartige Erkrankung, bei den Frauen nach Brustkrebs die zweithäufigste.
Ein weiterer krebsfördernder Einfluss ist die Einwirkdauer eines Stoffes. Je länger ein schädigender Stoff auf den Organismus einwirkt, umso größer ist die Gefahr, dass Krebs entstehen kann. Normalerweise können kleinere Defekte an den Körperzellen vom Körper selbst repariert werden. Diese Fähigkeit nimmt mit zunehmendem Alter ab. Alle Faktoren zusammengenommen sind Gründe dafür, dass Krebserkrankungen bei älteren Menschen wesentlich häufiger sind als im jüngeren Lebensalter.
Das Schlimme am Lungenkrebs ist die Symptomlosigkeit zu Beginn der Erkrankung. Kein bestimmtes Symptom deutet typischerweise auf einen Lungenkrebs hin. Besondere Aufmerksamkeit muss dem häufigen Symptom Husten geschenkt werden. Besteht länger als drei Wochen ein so genannter "unproduktiver" Husten oder ändert sich die Hustenart, muss unbedingt an einen möglichen Lungenkrebs gedacht werden. Unproduktiver Husten bedeutet, dass kein Schleim abgehustet oder "produziert" wird. In diesem Fall muss auf jeden Fall der Arzt aufgesucht werden. Dieser wird neben der körperlichen Untersuchung eine Röntgenaufnahme des Brustkorbs veranlassen. Möglicherweise wird auch eine Lungenspiegelung zur Betrachtung der Lungenschleimhaut durchgeführt. Weitere allgemeine Symptome können auf Lungenkrebs hinweisen: Schmerzen, Gewichtsabnahme, blutiger Auswurf.
Damit wird deutlich, dass neben dem Vermeiden des Risikofaktors Nummer Eins, dem Rauchen, der Früherkennung eine große Bedeutung zugeschrieben wird. Besonders für bestimmte Risikogruppen wie langjährige Raucher oder Patienten, bei denen schon einmal ein Lungenkrebs behandelt wurde, ist eine Vorsorgeuntersuchung extrem wichtig. Doch leider zeigt sich, dass ausgerechnet von diesen Risikopatienten die Möglichkeiten der Vorsorge nicht oder nicht ausreichend wahrgenommen werden. Typische Vorsorgeuntersuchungen sind die Röntgenaufnahme oder die Computertomographie des Brustkorbs. Ist auf einer dieser Aufnahmen ein „Schatten” zu erkennen, muss versucht werden, mittels einer Lungenspiegelung Gewebe aus diesem fragwürdigen Bezirk zu gewinnen und feingeweblich zu untersuchen. Erst jetzt kann mit großer Sicherheit von einer Gut- oder Bösartigkeit des Gewebes gesprochen werden.
Stellt sich dieses Gewebe als ein Krebsgeschwür heraus, muss geklärt werden, ob es sich um ein so genanntes kleinzelliges oder um ein nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom handelt. Zu 80 % wird es sich um ein nichtkleinzelliges Geschwür handeln. Diese Unterscheidung ist wichtig, da sich die Behandlungsmethoden beider Geschwüre unterscheiden. Weitere Maßnahmen sind nun die Suche nach möglichen Metastasen, die Bestimmung der Tumorgröße in der Lunge und die Prüfung, ob Lymphknoten im Bereich der Lunge befallen sind. Aufgrund dieser Untersuchungen kann der Lungenkrebs in so genannte Stadien (von Stadium I = Anfang der Erkrankung bis zum Stadium IV = bereits Fernmetastasen vorhanden) eingeteilt werden. Je nach Stadieneinteilung wird eine andere Therapie empfohlen. Leider werden drei Viertel der Tumore erst in fortgeschrittenen Stadien (bereits Tochtergeschwülste, großer Tumor etc.) entdeckt, das heißt rund 22.000 Patienten haben eine schlechte Prognose! Für die Prognose entscheidend ist weiterhin das Alter des Patienten, der körperliche Allgemeinzustand, die Größe des Tumors und mögliche Metastasen.
Im frühen Krebsstadium ist die Operation die häufigste Therapie. Ist das nichtkleinzellige Lungenkarzinom bereits fortgeschritten, werden Bestrahlung, Chemotherapie und Operation häufig miteinander kombiniert. Sind bereits Fernmetastasen aufgetreten, wird die Therapie immer häufiger auf die auftretenden Beschwerden ausgerichtet.
Die Tumortherapie hat in den letzten Jahren durch die Entwicklung neuer Wirkstoffe enorme Fortschritte erzielen können. Vor allem die Einführung einer völlig neuen Chemotherapeutikaklasse der Taxane (Wirkstoffe, die aus der Eibe gewonnen werden) Mitte der neunziger Jahre führte zu einer wesentlich verbesserten Therapie für Krebspatienten. Studien haben inzwischen gezeigt, dass die Taxane nicht nur bei Eierstock- und Brustkrebs, sondern ebenso beim nichtkleinzelligen Lungenkrebs ausgesprochen wirksam sind. Das gilt insbesondere für fortgeschrittene Stadien. Dies beweisen auch die aktuellen Daten einer großen Studie mit der Chemotherapie-Kombination Docetaxel und Cisplatin. Hierbei konnte erstmals ein statistisch deutlich nachweisbarer Überlebensvorteil gegenüber der bisherigen Therapie nachgewiesen werden. Die Studie wurde im Anderson Cancer Center in Houston, Texas, durchgeführt. Mehr als 1.200 Patienten aus 29 Ländern nahmen daran teil. Alle Patienten hatten ein nicht operables nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom, waren in einem guten Allgemeinzustand und hatten noch keine Chemotherapie erhalten. Ziel der Studie war es, die Überlebenszeit unter den verschiedenen Kombinationstherapien zu untersuchen. Geprüft wurden aber auch die Verträglichkeit und die Lebensqualität.
Die Auswertung der Überlebensdaten ergab einen deutlichen Überlebensvorteil für Patienten mit Docetaxel/-Cisplatin-Wirkstoffbehandlung. Zudem war die Verträglichkeit deutlich besser als bei einer Chemotherapie-Kombination im Vergleich. Diese vielversprechenden Daten waren der Grund dafür, dass Docetaxel Anfang 2003 von der europäischen Arzneimittelbehörde EMEA in Kombination mit Platin für die Therapie des nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom zugelassen wurde.