Sehschärfe
Die Sehschärfe bezeichnet das Ausmaß der Fähigkeit eines Lebewesens, mit seinem Sehorgan Muster und Konturen in der Aussenwelt als solche wahrzunehmen. Die zentrale Sehschärfe wird medizinisch als Visus bezeichnet. Visus ist die Fähigkeit des Auges, zwei nahe beieinander liegende Punkte getrennt voneinander wahrzunehmen. Der Ort, an dem die Sehschärfe bestimmt wird, ist die Netzhautmitte, wo im Punkt des schärfsten Sehens die Zapfen für die Trennschäfte zuständig sind.
Mit dem Sehtest wird die Sehschärfe des Auges geprüft. Zur Untersuchung der Sehschärfe werden meistens Leseprobetafeln verwendet. Sie sind auf einen Normalvisus geeicht. Der Sehtest wird subjektiv mit Sehzeichen geprüft, das heißt, der Patient liest die Zeichen von einer Tafel ab. Der Visus wird durch einen Bruch ermittelt. Im Zähler steht die Ist-Entfernung, also die Entfernung, aus der der Patient ein Objekt erkennt. Im Nenner steht die Soll-Entfernung, die Entfernung, bei der ein Mensch mit normaler Sehschärfe dasselbe Objekt erkennen könnte. Ein Beispiel: Erkennt ein Patient ein Zeichen aus der Entfernung von 3 Metern das normalerweise aus 15 Metern erkannt wird, so beträgt sein Visus 3/15 oder 0,2.
Patienten mit Nystagmus sollten pro Sekunde ein Sehzeichen richtig erkennen. Um vergleichbare Untersuchungsbedingungen für alle Probanden zu schaffen, wird empfohlen, auch bei allen Untersuchungen eine Lesezeit von ca. einer Sekunde pro Sehzeichen einzuhalten. Damit ist die gutachterliche Sehschärfeprüfung nicht mit der normalen klinisch üblichen Prüfung gleichzusetzen, bei der wesentlich längere Lesezeiten zugelassen werden, um dem Patienten eine möglichst gute Sehschärfe zu attestieren. Ebenso ist die Lesefähigkeit eines Textes nur bei flüssigem Lesen, nicht aber bei stockendem Buchstabieren gegeben. Die Prüfentfernung für die Sehschärfebestimmung für die Ferne muss mindestens 4 Meter betragen.
Bei Kinder oder bei Patienten, die nicht unser Alphabet beherrschen, werden entweder Symbole oder die Pflügerschen Haken verwendet. Diese haben die Form eines E. Der mittlere "Haken" der E ist kürzer, als die beiden äußeren Haken. Wird das E gedreht, muß der Patient angeben, welche Position die verschieden großen Haken haben. Eine andere Variante ist der Landoltsche Ring, ein Ring, der an einer Stelle offen ist. Diese Öffnung muß der Patient erkennen
Moderne vollautomatisierte Geräte, die die Sehschärfe untersuchen, arbeiten nach dem Prinzip des Refraktometers. Dabei wird eine Strichfigur durch die Pupille auf die Netzhaut projiziert, ähnlich, wie ein Dia, das an eine Wand geworfen wird. Als nächstes werden im Gerät Linsen vor die Projektion geschaltet so lange, bis die Abbildung der Strichfigur auf der Netzhaut scharf ist.