Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes)
Als Diabetes mellitus bezeichnet man eine Stoffwechselerkrankung des Kohlenhydratstoffwechsels (Zuckerstoffwechsel). Ursache ist das Fehlen oder die verminderte Wirksamkeit des körpereigenen Hormons Insulin, das den Einbau von Glukose in die Körperzellen steuert. Der Schwangerschafts- oder Gestationsdiabetes ist eine spezielle Form der Zuckerkrankheit, die sich während einer Schwangerschaft entwickeln kann. Sie ist eine der häufigsten Begleiterkrankungen einer Schwanngerschaft, tritt meist im letzten Schwangerschaftsdrittel auf und verschwindet unmittelbar nach der Geburt wieder. Unerkannt besteht ein Risiko für die Mutter und insbesondere für das noch ungeborene Kind. Konsequent durchgeführte Suchtests und eine rechtzeitige Behandlung mindern die Gefahr für die Mutter und ihr Kind. Die Häufigkeit mütterlicher, besonders aber kindlicher Komplikationen wächst mit den mütterlichen Blutglucosewerten.
Ein erhöhtes Risiko, an einem Schwangerschaftsdiabetes zu erkranken besteht bei Frauen, die an Übergewicht oder Bluthochdruck leiden, wenn bereits ein Diabetes in der engeren Familie besteht, wenn das eigene Geburtsgewicht höher als 4000 Gramm war oder bei wiederholten Fehlgeburten. Auch wenn bei einer vorangegangenen Geburt das Kind schwerer als 4.000 Gramm war, die Schwangere bei einer vorherigen Schwangerschaft bereits an einem Schwangerschaftsdiabetes gelitten hat, oder wenn sie älter als 35 Jahre ist, steigt die Wahrscheinlichkeit.
Die Ursachen des Gestationsdiabetes liegen einerseits an verschiedenen Schwangerschaftshormonen, die zu einer Erhöhung des Blutzuckerspiegels führen, andererseits an der Ernährung, die in der Schwangerschaft häufig nicht optimal ist. Die Insulinausschüttung ist zu Beginn der Schwangerschaft eher vermindert, steigt dann aber erheblich an. Dabei gibt die Bauchspeicheldrüse das Insulin um ca. 15 Minuten verzögert in die Blutbahn ab. Wie beim Typ-2-Diabetes mellitus sind auch die Organzellen verändert, so dass die Insulinproduktion häufig nicht ausreicht. Weiter kommen als Ursache kommen bestimmte Hormone, die der Körper vor allem in der zweiten Schwangerschaftshälfte produziert, in Betracht. Durch diese Hormone erreicht der Körper, dass den Zellen vermehrt Energie in Form von Glukose bereitgestellt wird. Zur gleichen Zeit setzt die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) vermehrt das Hormon Insulin frei, welches dafür sorgt, dass die Glucose in die Zellen gelangt und die Blutzuckerkonzentration im Blut absenkt. Die Bauchspeicheldrüse ist jedoch bei einem kleinen Teil der Frauen, die an einem Schwangerschaftsdiabetes leiden, nicht zu dieser Mehrleistung befähigt, so dass ein echter Insulinmangel besteht.
Leider bereitet der Diabetes den betroffenen Schwangeren kaum Probleme, so dass er häufig nicht erkannt wird. Beschwerden wie verstärkter Durst und häufigeres Wasserlassen sowie Unwohlsein und ein schlechter Allgemeinzustand treten eher selten auf. In den meisten Fällen wird der Schwangerschaftsdiabetes erst erkannt, wenn die Untersuchungen im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge beim Kind ein übermäßiges Wachstum ergeben. Allerdings führt diese spezielle Form der Erkrankung, wenn sie nicht diagnostiziert und behandelt wird, oft zu einer starken Zunahme der Fruchtwassermenge und zu einem abnormen Größenwachstum des Kindes bei, gleichzeitiger Entwicklungsverzögerung, insbesondere der Lungenreifung.
Frauen mit einem Schwangerschaftsdiabetes haben im Vergleich zu Schwangeren mit normaler Glukosetoleranz ein erhöhtes Risiko für Harnwegsinfekte und Bluthochdruck. Der Vorteil des Gestationsdiabetes ist, das man diese Erkrankung behandeln kann - vorausgesetzt, dass sie diagnostiziert wird
Zur Diagnose eines Gestationsdiabetes muss die Schwangere eine zuckerhaltige Lösung trinken vorher und während des zweistündigen Test wird dreimal Blut abgenommen. Bei Schwangeren, bei denen sich anamnestisch ein erhöhtes Risiko ergibt, kann der Suchtest bereits im ersten Schwangerschaftsdrittel erfolgen. Er sollte jedoch bei negativem Befund in der 24.-28. Schwangerschaftswoche wiederholt werden. Wenn der Blutzuckergehalt über 140 mg/dl liegt und somit der Verdacht auf einen Schwangerschaftsdiabetes vorliegt, sollte ein vollständiger oraler Glukose-Toleranztest (oGTT) mit 75g Glukose durchgeführt werden. Dieser Test liefert Hinweise auf die Fähigkeit des Körpers, eine definierte Menge an Glukose innerhalb eines bestimmten Zeitraumes abzubauen.
Wenn ein Schwangerschaftsdiabetes diagnostiziert wurde, muss eine straffe Stoffwechseleinstellung erfolgen. Die Stoffwechselziele gleichen dabei denen der Behandlung einer schwangeren Diabetikerin.
Auch nach der Geburt des Kindes muss die Mutter erneut untersucht werden. Diese Untersuchung dient der Feststellung, ob der Diabetes weiterhin besteht.
Um das Risiko kindlicher Fehlbildungen und Gefahren für die Mutter zu minimieren, muss ein Schwangerschaftsdiabetes unbedingt behandelt werden. Die Therapie des Gestationsdiabetes steht auf zwei Pfeilern, der Ernährungsumstellung und der Insulineinstellung. Zunächst ist es nötig, eine fettarme und ballaststoffreiche Diät einzuhalten. Dabei eignen sich besonders Nahrungsmittel, welche reich an komplexen Kohlenhydraten sind, z.B. Reis, Nudel und Kartoffeln. Statt dreier Hauptmahlzeiten, nimmt die Patientin über den Tag verteilt sechs bis sieben kleine Mahlzeiten zu sich. Schwangere, die sich konsequent an solche Essenspläne halten, brauchen in den meisten Fällen keine Insulintherapie. Engmaschige Blutzuckerkontrollen sind unerlässlich, um eine straffe Stoffwechseleinstellung zu erreichen. Die Schwangere sollte vom Tag der Diagnose an so schnell wie möglich lernen, ihre Blutzuckerwerte selbst zu messen.