Neue Perspektiven in der Behandlung von Asthma
Die immunmodulatorische Therapie gegen Asthma - Neue Perspektiven in der Behandlung von Asthma
Asthma bronchiale nimmt eine hohe, derzeit zunehmende Bedeutung für die Gesundheitsversorgung in Deutschland ein. Nach Daten des Bundesgesundheitsamtes litten in den Jahren 1997/98 6,1 Prozent der westdeutschen Erwachsenen an der "Volkskrankheit" Asthma. Bei Kindern ist das Asthma bronchiale die häufigste chronische Erkrankung überhaupt, etwa 10 Prozent sind bereits erkrankt. Im internationalen Vergleich zeigen die hochindustrialisierten westlichen Länder die höchsten Asthmaraten. Von einer weiteren Zunahme der allergischen Formen dieses Krankheitsbildes in den nächsten Jahren wird ausgegangen. Experten wie die Herausgeber des "Weißbuch Allergie in Deutschland 2000" und der Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen haben außerdem festgestellt, dass Asthmapatienten in Deutschland nicht optimal behandelt werden. "Bestehende Therapiemöglichkeiten wie die spezifische Immuntherapie werden noch zu wenig angewendet. Wir brauchen außerdem dringend Behandlungsalternativen für die ganz schweren Asthmafälle," erläutert Professor Claus Kroegel von der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie das Problem.
Spezifische Immuntherapie hilft bei allergischem Asthma
Bei Asthmakranken besteht eine Überempfindlichkeit des Immunsystems, die zu einer chronischen Entzündung der Bronchien führt. Deshalb ist meistens die regelmäßige Inhalation von entzündungshemmendem Kortison und bronchialerweiternden Sprays notwendig. In frühen Asthmastadien gewinnt die spezifische Immuntherapie (Hyposensibilisierung) als kausale Behandlung immer mehr Bedeutung. Sie bewirkt, dass das Immunsystem gegenüber Asthma auslösenden Allergenen wie Pollen oder Hausstaubmilben toleranter wird. In einer Anfang 2001 veröffentlichten Studie konnten britische Forscher zeigen, dass sich durch die spezifische Immuntherapie mit molekular standardisierten Allergen-Präparaten die Symptome bei allergischem Asthma sehr effektiv besserten. "Patienten, die auf Pollen, Tierhaare oder Hausstaubmilben mit Husten, giemender Atmung oder Atemnot reagieren, sollten schon in einem frühen Krankheitsstadium einen allergologisch ausgebildeten Facharzt aufsuchen", rät Professor Dr. Thomas Fuchs, Präsident des Ärzteverbandes Deutscher Allergologen. "Je früher mit einer antiallergischen Behandlung begonnen wird, desto besser sind die Behandlungserfolge."
Immunmodulatorische Therapie ist hilfreich bei schwerem Asthma
Ist die Erkrankung schon weiter fortgeschritten, lösen bereits unspezifische Reize wie Tabakrauch, kalte Luft und Stäube Symptome bei Asthmakranken aus. Durch regelmäßige Inhalation ihrer Medikamente können die Patienten aber in den meisten Fällen beschwerdefrei leben. Bei schwerem Asthma ist nicht selten eine zusätzliche Einnahme von täglich bis zu 50 mg Kortison erforderlich. Bei akuten Asthmaanfällen erhalten die Patienten darüber hinaus Injektionen mit Kortison oder sogar Zytostatika, um die Immunantwort zu unterdrücken. Trotz dieser Behandlung leiden etwa 25 Prozent der Asthmakranken weiterhin an Beschwerden wie Atemnot und Durchschlafstörungen und sind bereits bei geringen Belastungen des Alltags wie Zähneputzen oder Ankleiden erheblich beeinträchtigt. "Es besteht ein dringender Bedarf an neuen Therapien", so Professor Kroegel, der die Abteilung für Pneumologie und Allergologie der Friedrich-Schiller- Universität Jena leitet. "Mit den herkömmlichen Medikamenten lassen sich so schwere Asthmaformen nicht mehr in den Griff bekommen."
Eine vorläufige Studie der Arbeitsgruppe Kroegels an der Universität Jena hat gezeigt, dass die Behandlung mit dem körpereigenen Eiweißstoff Interferon für Patienten mit schwerem Asthma eine neue, viel versprechende Perspektive eröffnet. Interferon reduziert die Zahl von bestimmten weißen Blutkörperchen, den Th2-Lymphozyten, die für viele der krankmachenden Prozesse verantwortlich sind. "Es handelt sich bei der Interferon-Therapie um eine gezielte Modulation des Immunsystems. Die zu Asthmasymptomen führenden Prozesse werden selektiv unterbunden," erläutert Kroegel. Bisherige Erfahrungen mit Interferon bei Patienten mit schwerem Asthma bronchiale haben gezeigt, dass die Patienten innerhalb von einem Jahr völlig oder weitgehend beschwerdefrei werden. Die üblicherweise häufigen Notarztbesuche, Notfalleinweisungen und längeren Krankenhausaufenthalte waren nicht mehr oder nur noch selten erforderlich. Kroegel: "Die Patienten berichteten von einer ganz neuen Lebensqualität." Es traten zwar Nebenwirkungen wie grippeähnliche Beschwerden, Müdigkeit oder gelegentlich Depressionen auf, doch für die meisten Patienten überwiegt der Zugewinn an Lebensqualität durch die Interferon-Behandlung.
Gezielte Abtötung von Entzündungszellen als Therapieprinzip
Bei Asthma spielt noch eine weitere Gruppe der weißen Blutkörperchen, die so genannten Eosinophilen, eine wichtige Rolle. Diese können nach Aktivierung durch Entzündungsfaktoren zu einer erhöhten Empfindlichkeit der Atemwege und lang anhaltenden Atemwegsverengung sowie einer Schädigung anderer Zellen führen. Die Wissenschaftler der Universität Jena haben nun einen Weg gefunden, aktivierte Eosinophile gezielt abzufangen und in den Zelltod zu treiben. Damit könnte sich ebenfalls ein neuer Ansatz für die Asthmatherapie eröffnen. "Schon vor einigen Jahren haben wir herausgefunden, dass aktivierte Eosinophilen ein bestimmtes Molekül, das CD69, an der Zelloberfläche tragen", berichtet Kroegel. "Wir fragten uns, welche Funktion das CD69-Molekül hat, denn der liebe Gott überlässt nichts dem Zufall." Die Wissenschaftler stellten fest, dass ein aus Mäusen stammender Antikörper gegen CD69 die Aktivität der Eosinophilen hemmt. Die Entzündungszellen starben innerhalb von drei Tagen ab, wie es für ruhende Zellen normal ist. Bei Asthmatikern überleben Eosinophile dagegen länger und sorgen so dafür, dass die Entzündung auf hohem Niveau fortbesteht. Bisher ist nicht bekannt, ob dieser Antikörper auch beim Menschen vorkommt. "Nach dem, was wir bisher wissen, sorgt der Antikörper dafür, dass die Eosinophilen nicht überhand nehmen", mutmaßt Kroegel. Für seine Untersuchungen erhielt Kroegel zusammen mit seinen Mitarbeitern, dem Diplom-Biologen Martin Förster, dem Biochemiker Dr. Ruedi Karl Braun sowie der Medizinerin Dr. Daniela Häfner, vor kurzem den Curt-Dehner-Preis für klinische Grundlagenforschung in der Lungenheilkunde. Im nächsten Schritt werden in Jena tierexperimentelle Untersuchungen folgen, bei denen allergiekranke Mäuse den Antikörper nach Allergenkontakt einatmen sollen. "Wir hoffen, durch den Antikörper die Einwanderung von Eosinophilen in die Atemwege der Mäuse abzuschwächen. Damit würden wir beweisen, dass man mit unserem Ansatz eine Atemwegsentzündung hemmen kann. Möglicherweise könnte diese antientzündliche Therapie eines Tages sogar die Behandlung mit Kortison zurückdrängen", hofft Kroegel. "Erste Versuche mit diesem Therapieansatz beim Menschen werden aber frühestens in einigen Jahren möglich sein."