Neue Gesundheitsreform: Was hat sich geändert

Neue Gesundheitsreform: Was hat sich geändert

Am 1. April war es soweit, die umstrittene Gesundheitsreform der großen Koalition aus Union und SPD ist in Kraft getreten und zahlreiche Neuregelungen in der gesetzlichen Krankenversicherungen sind verbindlich geworden. Die wohl folgenschwersten Kernpunkte der Reform werden jedoch erst mit einer Verzögerung eingeführt.

 

In der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wurde eine neue Versicherungspflicht für bislang Nichtversicherte eingeführt. Entsprechend dem Grundsatz "Pflegeversicherung folgt Krankenversicherung" begründet die Neuregelung automatisch auch eine Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung. Alle Nichtversicherten müssen also Mitglied einer gesetzlichen oder privaten Krankenkasse werden. Ehemals gesetzlich Versicherte mußten bereits vom 1. April an wieder aufgenommen werden. Ehemals Privatversicherte ohne Schutz muss die PKV vom 1. Juli an im so genannten Standardtarif aufnehmen - ohne Gesundheitsprüfung und Risikozuschläge. Eine bestehende Versicherung kann man nur noch dann kündigen, wenn man eine neue Police nachweisen kann. Wer die Versicherungspflicht ignoriert oder fällige Beiträge nicht bezahlt, wird nur zu ähnlichen Bedingungen medizinisch behandelt wie Asylbewerber. Bei wiederholtem Nichtzahlen der Beiträge ruhen die Leistungsansprüche. Leistungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzuständen sowie bei Schwanger- und Mutterschaft erforderlich sind, werden allerdings weiter erbracht.

 

Von der "Ständigen Impfkommission" des Robert-Koch-Institus (STIKO) empfohlene Impfungen werden zur Pflichtleistung der Krankenkassen. Ebenfalls ausgeweitet wurden die Leistungen der gesetzlichen Kassen bei medizinischen Vorsorgemaßnahmen und Rehabilitation für Mütter und Väter, Reha-Behandlungen für alte Menschen und bei der Betreuung Schwerstkranker und Sterbender in den eigenen vier Wänden. Wer Vorsorgeuntersuchungen versäumt und später schwer krank wird, muss mehr zuzahlen. Die Behandlung von Komplikationen nach Piercings wird nicht mehr bezahlt. Kliniken werden für ambulante Behandlungen geöffnet. Häusliche Krankenpflege kann künftig auch außerhalb des eigenen Haushalts in Wohngemeinschaften, anderen neuen Wohnformen, Schulen, Kindergärten und in Werkstätten für behinderte Menschen erbracht werden. Die Krankenkassen sind verpflichtet, bei ambulanten Geburten im Geburtshaus einen Betriebskostenzuschuss zu zahlen, den bisher in aller Regel die Versicherten tragen mussten. Sterbende und schwerstkranke Menschen sollen in Würde sterben können und möglichst wenig Schmerzen erleiden müssen. Versicherte in der GKV haben künftig Anspruch auf eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung. So genannte "Palliative Care Teams" aus ärztlichem und pflegerischem Personal werden in den Fällen, in denen eine ambulante ärztliche Versorgung nicht ausreicht, diesen Menschen ein würdevolles Sterben mit möglichst wenig Schmerzen ermöglichen.

 

Darüber hinaus sind künftig alle Krankenkassen zu neuen Wahltarifen wie integrierte Versorgung, besondere ambulante ärztliche Versorgung, strukturierte Behandlungsprogramme bei chronischen Krankheiten und spezielle Hausarzttarife für ihre Versicherten verpflichtet. Folgende Wahltarife können die Krankenkassen anbieten, ohne dass eine gesetzliche Verpflichtung dazu besteht: Selbstbehalttarife, Tarife für die Nichtinanspruchnahme von Leistungen, variable Kostenerstattungstarife sowie Tarife für die Übernahme der Kosten für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen, die von der Regelversorgung ausgeschlossene sind.

 

 

 

Der Mindestbeitrag für freiwillig versicherte Selbständige wurde auf 1.225 € abgesenkt. Daraus ergibt sich ein Monatsbeitrag von ca. 170-180 Euro je nach Kasse.

 

Der Rabatt, den Apotheker den Kassen pro Medikament gewähren müssen, steigt von 2,00 auf 2,30 Euro. Vor der Verordnung teurer Medikamente muss ein zweiter Arzt befragt werden. Der Zugang zu innovativen, sehr teuren Arzneimitteln wird gesichert.