Homöopathie und den "Zyklus des Lebens"
1. Welche Lebenszyklen werden in der Homöopathie unterschieden, verlangen diese nach verschiedenen Behandlungsmethoden?
Die Homöopathie berücksichtigt die verschiedensten Lebenszyklen: von Empfängnis, Schwangerschaft, Geburt, Kindheit, Pubertät, über Adoleszenz, Wechseljahre, zum Älter werden und Sterben.
Der Zyklus des Lebens ist geboren werden, leben und sterben. Homöopathie kann in allen Lebensphasen angewendet werden, ich tue dies tagtäglich. Mir ist aufgefallen, dass bestimmte Mittel – vor allem während den Phasen der Geburt und des Sterbens – oft verschrieben werden. Das hat mich zur Überzeugung gebracht, dass geboren werden und Sterben die gleichen Vorgänge sind; sie scheinen so unterschiedlich, aber wenn man sie genauer betrachtet, sieht man, dass sie sich gleichen. Ich erlebe das immer wieder wenn ich bei gebärenden Frauen oder sterbenden Personen bin. Es ist auffällig, dass in beiden Situationen oft Arzneien der Liliales hilfreich sind – diese Pflanzen werden seit Jahrhunderten mit Sterben in Verbindung gebracht.
2. Wird das homöopathische Konstitutionsmittel den verschiedenen Lebenszyklen angepasst / verändert?
Manchmal sieht man schon während oder gleich nach der Geburt eines Kindes welches Mittel es braucht. Später stellt sich dann heraus, dass dieses wirklich das Konstitutionsmittel dieses Kindes ist. Das ist natürlich nicht immer der Fall.
Bei Sterbenden, wenn der Arzt die Person lange kennt und weiß auf welches Konstitutionsmittel sie gut reagiert, kann es sein, dass die Arznei auch hilft wenn die Person im Sterben liegt. Dies ist aber auch hier nicht immer der Fall, darum müssen in jeder Lebensphase die einzelnen Symptome immer sehr genau beobachtet werden. Vor allem in der Palliativmedizin ändert sich die Situation manchmal von Tag zu Tag. Die Dosis muss dann vielleicht angepasst werden oder es muss sogar ein neues Medikament ausgewählt werden.
3. Gibt es Medikamente die sich bei Geburt, bei Lebensende speziell bewährt haben?
Ja gewiss. Wenn die Wehen abbrechen oder die Schmerzen zu groß werden. verwende ich häufig: Aconite, Belladonna, Caulophyllum, Chamomille, Cimicifuga, Coffea, Kalium carbonicum, Opium, Pulsatilla, Sabina, Secale oder Sepia. Zusätzlich helfen Mittel an die man zuerst vielleicht nicht denken würde. Arzneien aus der Liliales-Familie zum Beispiel: Aletris für schwache, groß gewachsene Frauen, Convallaria bei Wehen mit Herzklopfen, Crocus für wankelmütige Frauen deren Föten sich so fest bewegen, dass es schmerzt, Helonias für Frauen, die schon sehr viele Kinder bekommen haben, die schwach und erschöpft sind und eine schwere Gebärmutter haben, Trillium pendulum für Frauen mit starken Beckenschmerzen und Veratrum album für Frauen die das Gefühl haben ohnmächtig zu werden oder zu kollabieren.
Die obgenannten Mittel sind auch kurz nach der Geburt sehr hilfreich. Manchmal werden Trauma-Mittel wie Arnica, Bellis perrenis, Erigeron oder Ruta benötigt.
Wird die Plazenta nicht abgestossen oder kommt es zu fluxus post partum werden Mittel verwendet, wie Sabina, Secale cornutum, Erigeron, Trillium pendulum und Ustilago.
Bei der Sterbebegleitung ist Veratrum album sehr hilfreich. Oftmals sind auch Mittel wie Arsenicum album, Cactus grandiflorus, Cadmium sulfuricum, Carbo vegetabilis, Naja tripudians und Opium angezeigt. Wichtig ist es mit offenen Augen und Ohren dabei zu sein, den Patienten zu beobachten, die Symptome zu erkennen und das Mittel zu bestimmen.
4. Welche typischen Säuglings-Krankheiten können homöopathisch behandelt werden?
Gleich nach der Geburt sind gewisse Kinder sehr bleich und leiden an Atemnot. Sie brauchen Sauerstoff, zusätzlich kann man ihnen ein homöopathisches Mittel verabreichen.
Für ein ängstliches, unruhiges Kind kann Aconite angezeigt sein, für ein schwerfälliges und schläfriges Kind Opium. Einem Kind mit röchelnder Atmung kann Antimonium tartarticum helfen, einem kalt-bläulichen Kind hilft Camphora.
Während den ersten Tagen nach der Geburt brauchen Neugeborene manchmal Mittel gegen krampfartige Schmerzen im Unterleib, um den Appetit anzuregen oder zu stoppen, gegen einen zu hohen Bilirubin Wert mit gelber Haut, gegen Schlaflosigkeit und für vieles mehr. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass Neugeborene sehr klar auf eine gut gewählte Arznei reagieren.
5. Wenn Kinder gleich nach der Geburt homöopathisch behandelt werden – sprechen sie dann später besser auf Homöopathie an?
Das kann ich nicht beurteilen. Ich habe 18-jährige Patienten, die ich seit ihrer Geburt homöopathisch behandele, und solche, die erst später zu mir gekommen sind. Ich habe nie untersucht, welche Gruppe besser auf Homöopathie reagiert.
6. Welche Beschwerden können bei Sterbenden gut homöopathisch behandelt werden?
Bei der Sterbebegleitung hilft Homöopathie gegen Unruhe und Angst vor dem Tod. Es ist ein enormer Unterschied, zum Beispiel in der Schmerzermpfindung, ob ein Patient ruhig und friedlich ist oder unruhig und verstimmt. Homöopathie hilft Sterbenden einerseits bei psychischen Erkrankungen, bei Traurigkeit und Gereiztheit andererseits auch bei physischen Beschwerden wie Erbrechen und anderen Verdauungsbeschwerden.
Homöopathische Arzneien lindern die Schmerzen. Die Einnahme von allopathischen Schmerzmitteln kann vermindert werden oder zumindest können deren Dosen verringert werden.
Es gibt spezielle Medikamente für spezifische Arten von Schmerz: Aurum und Symphytum gegen Schmerzen in den Knochen, Tarentula cubensus verschafft Linderung bei Geschwüren.
Ornithogalum (wieder ein Mittel der Liliales) hilft bei Magenschmerzen und Gemütsverstimmungen.
Carbo vegetabilis, Cactus, Naja und Phosphorus sind hilfreiche Arzneien bei Atemproblemen. Schockzustände können gut mit Veratrum album, Opium, Carbo vegetabilis oder Arsenicum behandelt werden.
Für jedes Symptom gibt es mehrere Arzneien, die man wiederum aufgrund der Gesamtheit des Krankheitsbildes aussucht. Bei Sterbenden sind die Symptome meist stark ausgeprägt und somit leicht zu identifizieren. Als Arzt muss man sich einfach die Zeit nehmen, sich zum Patienten hinzusetzen und man wird alle Symptome hören und sehen. Die Mittel sollen häufig und verdünnt verabreicht werden.
7. Welche Probleme gibt es bei der Mittelfindung bei Neugeborenen und Schwerkranken / Sterbenden?
Ein Arzt sollte die Mittel für Babys oder sterbende Menschen mit besonderer Sorgfalt wählen. Es braucht Zeit um die ganze Krankheitsgeschichte genau zu betrachten. Zudem sollte man leicht erreichbar sein für eine Frau die bald ein Kind gebärt oder für eine sterbende Person – ich persönlich gebe in solchen Fällen den betreffenden Personen meine Handynummer.
Es ist wichtig sich bewusst zu sein, dass man mit dem Tod konfrontiert wird, mit starken Emotionen der Familienmitglieder und mit seinen eigenen Gefühlen. Ich bin sehr dankbar für meine Arbeit. Es gibt mir viel positive Energie den Zyklus des Lebens zu erleben!Interview mit Dr. Resie Moonen (NL) über Homöopathie und den "Zyklus des Lebens"