Dialyse während der Nacht
Ulrike B., 56 Jahre, Verwaltungsangestellte, ledig, in zahlreichen Ehrenämtern aktiv, und Bernd K., 43 Jahre, IT-Manager eines großen Konzerns, verheiratet, zwei Kinder, teilen ein gleiches Schicksal: Weil ihre Nieren nicht mehr funktionieren, sind sie dialysepflichtig. Beide meistern diese Situation. Ihr privates Umfeld und ihre Freude am Beruf helfen ihnen dabei. Um zeitlich möglichst flexibel zu sein, haben sie sich nach Beratung mit ihrem behandelnden Arzt für die Dialyse während der Nacht entschieden – allerdings für zwei unterschiedliche Verfahren.
Nächtliche Dialyse im Zentrum
Ulrike B. nutzt das Angebot eines von bundesweit rund 70 Dialysezentren, die Hämodialyse (HD) während der Nacht durchzuführen. Dies dauert dreimal pro Woche je acht Stunden. Im Gegensatz dazu sind die Patienten, die tagsüber in einem der deutschlandweit zirka 1.100 Zentren dialysieren, in der Regel dreimal wöchentlich für vier bis sechs Stunden an die HD angeschlossen. Für Ulrike B. ist die lange Nacht-HD ideal: Sie kommt gegen 21 Uhr ins Zentrum, bekommt ein Abendessen, wird im Schlaf dialysiert und geht am nächsten Morgen nach einem Frühstück direkt zur Arbeit. Die Dialyse im Zentrum ist für die Alleinstehende auch wegen der sozialen Kontakte eine geeignete Lösung. Sie ist froh, dass ihr das anwesende Fachpersonal gelegentliche Fragen zur Dialyse beantwortet. Praktisch findet sie auch, dass sie jeweils zwei Mahlzeiten bekommt, die genau in ihren Ernährungsplan passen. Vor allem schätzt sie, dass sie dank Nachtdialyse ihre vielen beruflichen und privaten Interessen tagsüber völlig frei planen kann.
Nachtdialyse in den eigenen vier Wänden
Bernd K. dialysiert zu Hause. Er hat sich in Abstimmung mit seinem Arzt für die Automatisierte Peritonealdialyse (APD) mit einem Dialysegerät (Cycler) entschieden. Auch er schläft während der Dialyse und das – für ihn besonders wichtig – in seinem eigenen Bett und bei seiner Familie! Wenn er morgens das Dialysegerät abschaltet, weiß er, dass er den restlichen Tag "dialysefrei" hat: Er kann sich in seinem Beruf engagieren und sich nach Feierabend seiner Frau und den Kindern widmen. Bernd K. schätzt es, sich aktiv in die Nierenersatztherapie mit einzubringen. Er möchte nicht so gerne "umsorgt" werden, sondern seine Behandlung selbst mitgestalten. Dass er mit der Peritonealdialyse (PD) ein bisschen freier bei der Ernährung ist als mit der HD, freut ihn, weil er die gemeinsamen Mahlzeiten mit der Familie und gelegentliche Geschäftsessen richtig genießen kann. Anders als Ulrike B. kann er sein "Dialysezentrum" sogar mit in den Urlaub nehmen: Der Cycler reist im eigenen Gepäck mit, die Dialyselösung, Beutel und anderes Verbrauchsmaterial werden vom Hersteller direkt an die Urlaubsadresse geliefert.
Gesundheitliche Vorteile durch lange Dialyse
Patienten wie Ulrike B. und Bernd K. beschert die Dialyse während der Nacht deutlich mehr Flexibilität und Unabhängigkeit im Alltag. Sie werten dies als einen wichtigen Aspekt ihrer Lebensqualität. Die Nachtdialyse bringt Studien zufolge aber auch gesundheitliche Vorteile. Weil die Dialysezeit länger ist, kann der Flüssigkeitsentzug langsamer erfolgen und der Körper schonender und gründlicher entgiftet werden. Die längere Dialyse ist für den Kreislauf verträglicher und wirkt sich positiv auf den Blutdruck und die Laborwerte aus. Häufig brauchen Patienten mit langen Dialysezeiten weniger Medikamente, beispielsweise zur Regulierung des Blutdrucks. Wenn die Dialyse in kürzeren Abständen erfolgt – im Gegensatz zur langen Nacht-HD wird die APD siebenmal statt dreimal pro Woche angewandt – können sich die Giftstoffe und die überschüssige Flüssigkeit erst gar nicht in so hohen Konzentrationen wie bei anderen Dialysevarianten im Körper ansammeln.
Die Nacht-Dialyse steigert das körperliche Wohlbefinden der Dialysepatienten, was wiederum Energie und Ausdauer für den Alltag freisetzt. Tagsüber "dialysefrei" zu haben, heißt für sie, ihren Tagesplan selbst gestalten zu können, ähnlich wie ein Gesunder. Das erleichtert ihre Integration in das jeweilige soziale Umfeld – ein wichtiger Aspekt für in Beruf und Privatleben engagierte Menschen.
Bei der Hämodialyse (HD) wird der Patient in der Regel dreimal pro Woche an eine Dialysemaschine angeschlossen. Über ein Schlauchsystem wird dem Körper Blut entzogen und ihm nach Reinigung in einem externen Filter – der "künstlichen Niere" – wieder zugeführt. Die vier- bis sechsstündige Behandlung findet meist in Dialysezentren statt, in seltenen Fällen zu Hause.
Die Peritonealdialyse (PD) bietet sich für eine Behandlung in den eigenen vier Wänden oder auch unterwegs an. Hierbei dient das Bauchfell (Peritoneum), eine rund 2m2 große dünne Haut, die von einem dichten Geflecht von Blutkapillaren durchzogen ist, als Filter. Frische Dialyse-Lösung fließt hierzu über einen ständigen Katheter in die Bauchhöhle. Sie nimmt im Bauchfell Schadstoffe und überschüssige Flüssigkeit auf und transportiert sie nach einigen Stunden Verweilzeit über den Katheter aus dem Körper heraus in einen Auffangbeutel. Bei der Automatisierten PD (APD) wird dieser Vorgang durch ein Dialysegerät, den Cycler, durchgeführt – meistens während der Nacht.