Nierenerkrankung frühzeitig erkennen
Diesen Fragen widmen sich Experten auf dem Gebiet der Nephrologie (Lehre der Nieren- und Hochdruckerkrankungen) an Universitäten, in Kliniken, Praxen und Labors der Pharmaindustrie bei ihrer täglichen Arbeit.
In Deutschland sind derzeit ca. 60.000 Menschen dialysepflichtig, weitere 20.000 leben mit einem funktionsfähigen Nierentransplantat. Sieben Prozent der Bevölkerung haben bereits eine eingeschränkte Nierenfunktion, teilweise ohne es zu wissen, weil die Erkrankung "schleichenden, meist schmerzarmen" Charakter hat. Die Zahl der Patienten, die wegen Nierenversagens auf eine Dialyse oder Transplantation angewiesen sind, steigt jährlich um fünf Prozent. Als Begründung für diesen Anstieg ist, neben einem generell höheren Lebensalter der Bevölkerung, die zunehmende Verbreitung der beiden Volkskrankheiten Bluthochdruck und Diabetes mellitus verantwortlich. Bei jedem fünften neu in eine Nierensatztherapie aufgenommenen Patienten spiet Bluthochdruck eine Rolle, jeder zweite ist an Diabetes mellitus Typ II erkrankt. Zurzeit handelt es sich bei der Hälfte aller bundesdeutschen Dialysepatienten um Diabetiker. Hoffnungen für diese Personengruppe weckt das so genannte "Mannheim Gen". Diabetiker, die es in ihrem Erbgut tragen, sind gegen chronische Nierenerkrankungen geschützt. Das haben Studien einer Mannheimer und Heidelberger Forschungsgruppe ergeben. Doch bis sich diese Erkenntnisse in der Praxis umsetzen lassen, wird noch einige Zeit vergehen.
Fachärzte weisen auf bereits verfügbare Methoden der Früherkennung von chronischen Nierenerkrankungen hin. Es reicht nicht mehr, sich bei Verdacht auf eine Nierenerkrankung auf die bisherige Blutanalyse mit einfacher Messung des Serumkreatinins zu verlassen, vielmehr sollte ein Kalkulationsalgorithmus zur Anwendung kommen, der die Nierenfunktion besser abschätzt: die so genannte MDRD-Formel. Zusätzlich sollte ein Urintest durchgeführt werden, der die Eiweißausscheidung, die einen deutlichen Hinweis auf eine Nierenfunktionsstörung liefert.
Patienten mit einer Nierenfunktionsstörung werden oftmals erst in einem späten Stadium der Erkrankung an einen Nephrologen überwiesen. Dann können die Maßnahmen, den Nierenfunktionsverlust zu verhindern oder wenigstens hinaus zu zögern, nicht mehr greifen oder ist die Zeit für eine umfassende Vorbereitung auf eine Nierenersatztherapie zu kurz. Die Gesellschaft für Nephrologie widmet sich deshalb der verstärkten und frühzeitigen Aufklärung der Ärzte und der Öffentlichkeit. Ihren Schätzungen zufolge hätte es bei der Früherkennung einer Nierenfunktionsstörung bei 15 Prozent der Dialysepatienten nicht zu Nierenversagen kommen müssen; bei 30 bis 40 Prozent hätte sich die Dialysepflicht um Jahre hinauszögern lassen.
Eine chronische Nierenerkrankung stellt den Patienten vor große persönliche Herausforderungen. Für das Gesundheitswesen bedeutet sie zudem eine enorme finanzielle Belastung: Die Behandlungskosten eines Dialysepatienten belaufen sich pro Jahr auf zirka 30.000 Euro. "Alles was gegen einen Herzinfarkt gut ist, verhindert auch Nierenerkrankungen". Der Blutdruck muß auf "normalem Niveau" gehalten werden, also unter 140/90 mm Hg, im Fall von Diabetes mellitus noch unter 130/80 mm Hg. Die Mediziner empfehlen - zur Schonung der Nieren wie des Herzens - auf das Rauchen zu verzichten, körperlich aktiv zu sein und bei Übergewicht abzunehmen.
Als "beste und kostengünstigste" Nierenersatztherapie bezeichnet man die Transplantation. Ihre Zahl wird allerdings durch fehlende Organspenden begrenzt. Das überwiegende Nierenersatzverfahren ist in Deutschland derzeit die Hämodialyse (HD). Mit einem Anteil von fünf Prozent an den Nierensatzverfahren bildet die Peritonealdialyse (PD) in Deutschland im internationalen Vergleich das Schlusslicht. Ärzte fordern deshalb den Anteil der PD an den Nierenersatzverfahren in Deutschland weiter zu steigern, "denn die PD-Patienten dialysieren zuhause, sind zufrieden und haben eine bessere Lebensqualität.". Dank stetig weiter optimierter Dialyselösungen und der selten gewordenen Peritonitis ist die "PD im Aufwind".
Bei der Hämodialyse (HD) wird der Patient in der Regel dreimal pro Woche an eine Dialysemaschine angeschlossen. Über ein Schlauchsystem wird dem Körper Blut entzogen und ihm nach Reinigung in einem externen Filter - der "künstlichen Niere" - wieder zugeführt. Die vier- bis sechsstündige Behandlung findet meist in Dialysezentren statt, in seltenen Fällen zu Hause.
Die Peritonealdialyse (PD) bietet sich für eine Behandlung in den eigenen vier Wänden oder auch unterwegs an. Hierbei dient das Bauchfell (Peritoneum), eine rund 2m2 große dünne Haut, die von einem dichten Geflecht von Blutkapillaren durchzogen ist, als Filter. Frische Dialyselösung fließt hierzu über einen ständigen Katheter in die Bauchhöhle. Sie nimmt im Bauchfell Schadstoffe und überschüssige Flüssigkeit auf und transportiert sie nach einigen Stunden Verweilzeit über den Katheter aus dem Körper heraus in einen Auffangbeutel. Bei der automatisierten PD (APD) wird dieser Vorgang durch ein Dialysegerät, den Cycler, durchgeführt - in der Regel während der Nacht.